Vergleicht man den Abstand zwischen erstem und zweiten Blogeintrag, so ist dieser Eintrag schon fast übereilt. Meiner Ansicht nach, ist er jedoch längst überfällig.
Man hat sich kaum von den Ereignissen in der Redaktion des Magazins "Charlie Hebdo" erholen können und manche ringen noch nach Worten, um ihr Unverständnis für solche Taten mitzuteilen, da ereilen einen die nächsten Schreckensnachrichten: Erneut wurden in Paris unschuldige Menschen als Geiseln genommen. Das Resultat der Geiselnahme: Vier Geiseln sind gestorben, der Geiselnehmer wurde beim Zugriff der Polizei getötet. Bei einem parallel laufenden Einsatz wurden die Hauptverdächtigen des Attentats auf das Satiremagazin umgebracht.
Eine schreckliche Bilanz weniger Tage, an denen viel zu viele Menschen gestorben sind.
Die Frage ist nun, wohin entwickeln wir uns? Die Gefahr von Terror ist, dass es einer überschaubaren Gruppe gelingt, Macht über die Mehrheit auszuüben. Natürlich, Terror versetzt uns in Angst und Schrecken. Attentate sollen Angst und Zweifel ins uns schüren. Angst, dass es jeden treffen kann. Zweifel daran, ob unsere Mitmenschen, die nicht unseren Glauben teilen, wirklich zu unserer Gesellschaft gehören. Macht erreicht eine solche Gruppe aber erst dann, wenn sich Angst und Panik zum Selbstläufer entwickeln.
Wenn wir zulassen, dass wir uns von diesen Gefühlen leiten lassen, dann unterwerfen wir uns denjenigen, die Kultur und Gesellschaft zerstören wollen. Wer zulässt, dass seine Angst vor Terror zu Ablehnung und Hass gegenüber Muslimen umschlägt, der lässt sich von den Verantwortlichen hinter einzelnen Taten instrumentalisieren und unterstützt das, wovor er sich eigentlich fürchtet. Denn die Verantwortlichen Terrorgruppen wollen ein Gesellschaftsbild zerstören, das mit ihrem nicht kompatibel ist. Bei ihrer größenbedingten Unterlegenheit gelingt ihnen das nur, wenn der Zerfall von innen heraus vorangetrieben wird und wir anfangen uns voreinander zu fürchten und schließlich zu bekämpfen.
Denn gleichzeitig sollen Muslime sich vor einem Leben in einer westlichen Gesellschaft fürchten. Indem immer wieder unterstrichen wird, wie wenig Islam und ein westlich geprägtes Leben zu einanderpassen, werden Menschen aus der Gesellschaft hinausgedrängt und in die Hände der Radikalen getrieben, die so behaupten können "Wir haben es euch ja gesagt... Die da wollen euch nicht, bei uns seid ihr besser aufgehoben." Dass das religiöse Motiv der Terrororganisationen nur vorgeschoben ist und eine Farce darstellt für ihr menschenverachtendes Handeln, wird ignoriert. Die Verantwortlichen hinter dem IS oder anderen Organisationen sind Wahnsinnige, die festgestellt haben, dass sie unter dem Deckmantel der Religiosität mehr Zulauf bekommen, weil sie feste Strukturen und ein höheres Ziel vorgaukeln können.
Natürlich ist das beschriebene Szenario viel Schwarzmalerei. Doch gibt es eigentlich genug Sprichwörter, die daran erinnern, wie schnell eine ferne Gefahr zur Realität werden kann. Terror kann nur gewinnen, wenn man sich von ihm benutzen lässt. Nicht nur diejenigen sind Täter, die in ihrem Fanatismus mit Waffen Unschuldige erschießen, sondern auch diejenigen, die alle über einen Kamm scheren und eine Abschottung von allem Fremden fordern. Traurig genug, dass Worte wie Toleranz und Nächstenliebe zu Floskeln verkommen sind. Aber vielleicht sollten sich die Menschen, die islamfeindliche Parolen rufend durch die Stadt ziehen, einfach mal darauf besinnen, wer davon profitiert... Und vielleicht können diese Menschen einen anderen Weg einschlagen und womöglich die Floskeln mit etwas Bedeutsamen füllen. Wäre zumindest eine angenehme Überraschung. Die ganze Schwarzmalerei wäre damit zwar dahin, aber das ist nicht unbedingt ein großer Verlust. Schließlich gibt es eigentlich so viele andere, erfreulichere Dinge über die man berichten kann, die aber derzeit von den schockierenden Ereignissen überdeckt werden.
In der Hoffnung, dass es nicht dabei bleibt; hier mein Fazit: Kein Täter zu werden, das liegt in der Verantwortung von jedem Einzelnen. Wer tatsächlich nachdenkt und sich nicht von reißerischen Aussagen in die eine, oder andere Richtung leiten lässt, hat den wichtigsten Schritt schon getan, um sich radikalem Handeln zu entziehen.
Je suis Charlie
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